Sucht oder Abhängigkeitserkrankungen werden zu den psychischen Erkrankungen gezählt und sind häufig. Es handelt sich um Störungsbilder, die entweder aufgrund des Konsums von suchterzeugenden Stoffen (z.B. Alkohol, Drogen, Medikamente) oder exzessiven Verhaltensweisen (z.B. Essstörungen, Glücksspielsucht) entstehen. „Suchterkrankung“ ist dabei der Überbegriff für eine Gruppe von Krankheiten, die unterschiedliche Ausprägungen haben können. Diese reichen von schädlichem Gebrauch (etwa bei Alkohol) bis hin zu schweren Abhängigkeitssyndromen oder Verhaltenssüchten.
Schwere und chronische Erkrankungsformen können auch zu weiteren psychischen (z.B. Depressionen), physischen (z.B. Schädigungen der Organen) und sozialen (z.B. Konflikte mit Vertrauenspersonen) Problemen führen. Wichtigste Kennzeichen einer Sucht sind, dass die Betroffenen immer mehr konsumieren müssen, um die erwünschte Wirkung zu erzielen und dass die Entzugserscheinungen bekommen, wenn sie auf das Suchtmittel oder -verhalten verzichten. Suchterkrankungen sind oft mit anderen psychischen Erkrankungen anzutreffen. Übermäßiger Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenkonsum ist teilweise auch ein Selbstheilungsversuch, um mit Problemen, Depressionen oder Ängsten umzugehen. Mittelfristig verstärkt starker Konsum jedoch diese Erkrankungen. Suchterkrankungen sind für die Familien und Angehörigen sehr belastend.
FORMEN VON SUCHTERKRANKUNGEN KURZ ERKLÄRT
ALKOHOL
Konsum von Alkohol kann zu einer psychischen und starken körperlichen Abhängigkeit führen. Eine Menge Alkohol, die getrunken werden kann und dabei mit Sicherheit nicht schädlich ist, kann nur schwer definiert werden. Dennoch muss der kontrollierte Alkohol-Gebrauch in Maßen von exzessivem, missbräuchlichen oder gar abhängigen Trinkverhalten unterschieden werden. Eine Alkoholabhängigkeit ist eine deutlich klassifizierbare Erkrankung. Diese wird nach folgenden Leitlinien diagnostiziert:
- Starker Drang, Alkohol zu trinken
- Kontrollverlust bzgl. Alkoholkonsum
- Auftreten eines körperlichen Entzugssyndroms
- Toleranzentwicklung bzgl. der Wirkungen (Dosissteigerung)
- Vernachlässigung von Pflichten und Interessen zugunsten von Alkohol
- Beibehalten des Alkoholkonsums trotz bemerkbarer Folgen
Eine Alkoholabhängigkeit liegt dann vor, wenn während eines Jahres mindestens drei dieser Kriterien zutreffend waren. Langanhaltender Konsum kann zu schweren körperlichen Erkrankungen (z.B. Leberzirrhose, hirnorganische Schäden) und psychosozialen Folgen (z.B. Kündigung, Führerscheinverlust) führen.
DROGEN
Drogen sind suchterzeugende Stoffe, die direkt – teilweise toxisch – auf das zentrale Nervensystem einwirken. Zu unterscheiden sind dabei legale (z.B. Tabak, flüchtige Lösungsmittel) und illegale Drogen (z.B. Cannabis, Heroin).
Nicht alle Drogen haben die gleiche Wirkung auf den menschlichen Körper oder rufen eine starke körperliche Abhängigkeit hervor. Daher werden die Substanzen in folgenden Gruppen unterteilt:
- Opioide (z.B. Heroin, Methadon)
- Cannabinoide (z.B. Haschisch, synthetische Cannabinoide)
- Sedativa/Hypnotika (z.B. Benzodiazepine)
- Kokain, Stimulanzien (z.B. Amphetamine, wie Speed)
- Halluzinogene (z.B. LSD, „magic mushrooms“)
- flüchtige Lösungsmittel (z.B. Lacke)
Bei all diesen Substanzen ist ein unregelmäßiger Drogengebrauch/Probier Konsum von Abhängigkeit zu unterscheiden. Diese wird nach den folgenden Kriterien diagnostiziert:
- Starker Wunsch, die Drogen zu konsumieren
- Kontrollverlust über den Konsum
- körperliche Entzugssymptome beim Absetzen oder Reduzieren der Dosis
- Toleranzentwicklung gegenüber der Dosis
- Vernachlässigung von Pflichten und Interessen zugunsten der Droge
- Beibehalten des Konsums trotz der schädlichen Folgen
Eine Abhängigkeit liegt vor, wenn mindestens drei dieser Punkte über ein Jahr zutreffend waren.
Zusätzlich zu körperlichen und psychischen Folgen bewegen sich Drogenkonsumenten meist im illegalen Konsum, was zu rechtlichen Folgen führt.
SUBSTITUTION BEI DROGENABHÄNGIGKEIT
Für Personen mit einer Abhängigkeit von Opioiden besteht in Bayern die Möglichkeit, substitutionsgestützte Behandlung in Anspruch zu nehmen. Hierbei werden zugelassene Substitutionsmittel (z.B. Methadon, Buprenorphin) ärztlich verordnet und verabreicht bzw. wird dies durch psychosoziale Angebote ergänzt. Die Entscheidung über eine Aufnahme in diese Behandlungsform trifft der jeweilige Substitutionsarzt, die Kosten hierfür trägt die Krankenkasse.
Behandlungsziele werden dabei individuell vereinbart. Vorteile der substitutionsgestützten Behandlung sind vor allem die Distanzierung von illegalem Drogenkonsum, die gesundheitliche Stabilisierung bzw. Stabilisierung in anderen Lebensbereichen (z.B. beruflich).
Im Landkreis Ebersberg wird an der Fachambulanz für Sucherkrankungen (mit Außenstelle Markt Schwaben) in der eigenen Substitutionsambulanz behandelt. Angebot sind: psychosoziale Begleitung Substituierter, Beratung für Betroffene und Interessierte, Vermittlung zu stationären Angeboten, Kooperation mit weiteren substituierenden Ärzten.
CANABIS
Alle Canabisprodukte (Haschisch, Marihuana, Öl, synthetische Cannabiniode) unterliegen dem Betäubungsmittelgesetz. Das bedeutet, dass Besitz, Anbau und Verkauf rechtlich geregelt sind, was bei vielen Konsumenten zu gerichtlichen Auflagen oder Strafen führt.
Meist wird Cannabis geraucht. Auch wenn durch Cannabiskonsum eine reine psychische, aber keine massive körperliche Abhängigkeit entsteht, kann es zu Langzeitfolgen kommen. Diese sind etwa Lungenerkrankungen oder depressive Episoden.
NEUE PSYCHOAKTIVE SUBSTANZEN - NPS
Neue psychoaktive Substanzen sind synthetisch hergestellte Substanzen, die vornehmlich im Internet als vermeintlich legale Produkte verkauft werden. Hierzu zählen etwas synthetische Cannabiniode, die z.B. als Kräutermischungen oder Lufterfrischer angeboten werden, oder vollsynthetische Drogen mit neuen Zusammensetzungen (z.B. angeboten als Badesalze).
Die genaue Zusammensetzung der Substanzen bzw. der Wirkstoffgehalt sind meist nicht bekannt oder ausgewiesen, weshalb das Risiko für Vergiftungserscheinungen oder körperliche bzw. psychische Folgen sehr hoch ist. Zudem kann der Wirkstoffgehalt innerhalb einer Produktion ebenfalls variieren, was den Konsum noch zusätzlich risikoreich macht. Neue psychoaktive Substanzen sind auch als „Legal highs“ bekannt, weshalb viele Personen denken, der Konsum wäre legal. Mittlerweile sind die Substanzen aber zumeist als ganze Substanzgruppen im Betäubungsmittelgesetz zusammengefasst, weshalb es auch zu rechtlichen Schwierigkeiten kommen kann.
MEDIKAMENTE
Neben illegalen Drogen können auch gängige Medikamente (auch, wenn diese ärztliche verordnet sind) zu Abhängigkeit führen. Das betrifft insbesondere Medikamente mit sedierender oder schmerzstillender Wirkung – vor allem die Gruppe der Benzodiazepine (z.B. Rohypnol, Valium, ect. ) Diese werden etwa bei Angsterkrankungen, Schlafstörungen oder zur Behandlung von Schmerzen gezielt verordnet. Bei längerem oder missbräuchlichem Konsum kann es zu Abhängigkeit kommen, die ebenso behandelt werden muss, wie andere Abhängigkeitserkrankungen.
PATHALOGISCHES SPIELEN
Beim pathalogischen Spielen ist es der betroffenen Person unmöglich, dem Drang am Glücksspiel (z.B. Wetten, Spielautomaten, ect.) teilzunehmen, zu widerstehen. Häufig wird dies durch eine anfängliche Phase, in der ein größerer Gewinn erzielt wird, bestärkt. In den meisten Fällen bleibt das Spiel allerdings nicht erfolgreich, was zu (finanziellen) Verlusten, hoher Verschuldung und langfristig auch in einen Zustand von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung führen kann. Neben persönlichen Folgen (Konflikte mit der Familie ect.) kommt es durch die Glücksspielsucht meist auch zu finanziellen Schwierigkeiten und dadurch bedingt auch zu weiteren Problemen (z.B. Pfändung, Wohnungsverlust, ect.)
KAUFSUCHT
Kaufzwang ist eine nicht stoffgebundene Sucht, bei der zwanghaft verschiedene Waren gekauft werden. Häufig werden bestimmte Produkte bevorzugt gekauft (z.B. Kleidung). Dabei häufen sich die Waren über den Bedarf hinaus an, werden gelagert oder auch weggeworfen. Wird der Kaufzwang über längere Zeit aufrechterhalten, kann es zu finanziellen Schwierigkeiten (häufig auch Schulden) oder Problemen in anderen Lebensbereichen (durch Vernachlässigung dieser), wie etwa der Partnerschaft, kommen.
INTERNETABHÄNGIGKEIT - ONLINESUCHT
Als Internetsucht (auch Onlinesucht, Mediensucht, Computerspielsucht) wird eine exzessive und unkontrollierte Nutzung des Internets bezeichnet, welche auch gesundheitsgefährdend sein kann. Dabei geht es oft um eine exzessive Nutzung von Onlinespielen, von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Seiten mit pornografischen Inhalten. Der Ausdruck exzessives Onlineverhalten (EOV) wird synonym zu Begriffen wie Internetsucht, Internetabhängigkeit oder Onlinesucht verwendet.
Typische Anzeichen sind häufiges und unüberwindliches Verlangen, sich ins Internet einzuloggen und Kontrollverlust (d.h. längere Nutzung des Internets als beabsichtigt), möglicherweise verbunden mit Schuldgefühlen.