Teil 1 Stabilisierende Angebote für junge psychisch kranke Menschen

Vorwort

Text: Georg Knufmann – Leitung sozialpsychiatrische Dienste Ebersberg

Klimawandel, der Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Corona-Pandemie, all das führt zusammen zu hohen psychischen Belastungen für junge Menschen. In einer digitalen Welt erwachsen zu werden heißt auch, Katastrophen dieser Welt im Sekundentakt auf dem Smartphone und in sozialen Medien intensiv mitzuerleben.

Wie sich Krisen auf die eigene seelische Gesundheit auswirken, haben viele während der Pandemie erfahren. Die psychische Belastung der 14 – 29jährigen in den vergangenen Jahren ist deutlich gestiegen. Junge Menschen vor allem während der Corona-Pandemie, die immer noch andauert, haben das Gefühl, einen Kontrollverlust erlitten zu haben. Fast die Hälfte der Befragten gaben in Untersuchungen an, unter Stress zu leiden, ein Drittel klagt über Antriebslosigkeit, Erschöpfung, Hilflosigkeit und depressive Verstimmungen. Diese große Belastung ist für die junge Generation in dieser Form ungewöhnlich.

Nach einer Studie der Universität Leipzig hat sich die Wartezeit für einen Therapieplatz von 3 auf 6 Monate verlängert. Eine Erhebung der Krankenkassen zeigt, dass 2021 verglichen mit 2020 insgesamt 42 % mehr Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren wegen emotionaler Störungen, darunter Depressionen und Angststörungen in Kliniken eingewiesen wurden.

Psychische Belastungen treffen vor allem diejenigen, die bereits vor der Pandemie sozial benachteiligt waren. Das Risiko, den Anschluss an die Gesellschaft zu verlieren, ist bei einem Viertel der 14 bis 29jährigen gegeben, darunter fallen vor allem diejenigen mit niedrigem Bildungsstand und ökonomisch schlecht aufgestellten Elternhäusern, was oft stark zusammenhängt. Gesellschaftliche und individuelle Risiken überlagern sich: Armutsrisiken, bezahlbaren Wohnraum finden etc. bilden zusätzliche Stressoren. Auch das Ende des vertrauten auf dem Konsum fossiler Energie basierender Wachstumsversprechen erfordert eine Neuorientierung.

Klimakrisen, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg, die Energiekrise, die wirtschaftlichen Probleme in Folge dieser Tatsachen münden auch in eine Wirtschaftskrise und damit auch in den Verlust bisher bekannter ökonomischer Sicherheit.  Erwartet uns als nächstes eine gravierende Eurokrise mit neuen Verwerfungen? Neue Fluchtbewegungen werden ausgelöst durch den Hunger in der Welt,  laut jüngsten Meldungen sin  derzeit 840 Millionen Menschen  von Hunger bedroht.

Sensibel für Krisen zu sein muss aber nicht immer schlecht sein, für psychisch Kranke und schwer belastete junge Erwachsene kann dies auch Chancen bedeuten; ich werde mich in meinem Vortrag auf die Grundlagen und Voraussetzungen für stabilisierende Angebote konzentrieren und den Rahmen für die Tagesstättenarbeit auch in Ebersberg beschreiben.

In Teil 2: Die Generationen im Wandel